Christopher Maage und Max Vor starten an der Dillquelle und wollen am Hospiz Mittelhessen in Wetzlar landen

Die beiden Ultramarathonläufer Christopher Maage (39) aus Haigerseelbach und Max Vor (27) aus Herborn wollen am Samstag, 5. Dezember, gemeinsam einen 60 Kilometer langen Benefizlauf von der Dillquelle bis nach Wetzlar absolvieren. Ziel ist das Hospiz Mittelhessen in der Charlotte-Bamberg-Straße. Wichtig ist es den Extremläufern, auf die Arbeit der Einrichtung aufmerksam zu machen.

Interview

Welchen Bezug haben Sie zu diesem Hospiz?
Max Vor: Ich habe keinen direkten Bezug, die Einrichtung wurde von meiner Freundin empfohlen.
Christopher Maage: Man hat in der näheren Umgebung Leute gekannt, die dort am Ende ihres Lebens hingegangen sind. Wir suchten hinsichtlich unseres Laufprojekts eine lokale Einrichtung, die durch ihre Arbeit den Menschen aus der Region etwas Gutes tut. Nachdem der Kontakt zur Einrichtung aufgenommen wurde, entstand schnell unser Spendenstichwort: „Laufen für das Leben“. Der Ultramarathon mit seinen 60 Kilometern will an dieser Stelle exemplarisch auf die Leidensgeschichte der Menschen in dem Hospiz Mittelhessen aufmerksam machen. Auch wenn es etwas zynisch klingt, so werden auch wir gegen Ende des Laufs Schmerzen verspüren, vielleicht sogar Gedanken ans Aufhören haben. Vor allem in dieser Situation ist es wichtig, Menschen an seiner Seite zu haben, die einen unterstützen und dabei helfen, das gemeinsame Ziel zu erreichen. Das Hospiz Mittelhessen schien uns dabei als geeignete Einrichtung, die mit ihrem Standort in Wetzlar zugleich das Ziel unseres Ultralaufs markieren soll.

Wie entstand die Idee für diesen Spendenlauf?
Maage: Die Idee kam, nachdem ich in der Zeitung einen Bericht über den Dillradweg gelesen habe. Der Wunsch bestand am Ende des Jahres, sich einer weiteren persönlichen Herausforderung zu stellen. Dabei kam die Idee auf, die gesamte Dill abzulaufen. Jedoch kam nach kurzer Zeit innerhalb meiner Planung auch das Gefühl auf, dem Projekt diesmal eine nützliche und soziale Komponente zu verleihen. Relativ schnell bildete sich unser Motto: „Aus der Region – In der Region – Für die Region.“

Wie kommen ein Haigerseelbacher und ein Herborner zu dieser gemeinsamen Aktion?
Maage: Nachdem es klar war, einen Ultramarathon laufen zu wollen, kam schnell der Wunsch auf, das nicht alleine machen zu müssen. Die Frage war, wer ist „bekloppt“ genug, so eine Strapaze auf sich nehmen zu wollen? Wer würde außerdem dem Lauf eine humorvolle und lockere Note verleihen und mich in meinem Tun bestärken? Wer würde sich als ein geeigneter Laufpartner erweisen? Da kam relativ schnell Max ins Spiel. In meinem Schulalltag als Lehrer fällt mir immer wieder auf, dass junge Menschen häufig nicht an sich glauben und demnach viele Dinge in ihrem Leben als unerreichbar und unvermeidbar erscheinen. Durch unsere Aktion möchten wir ein Beispiel dafür sein, dass dies nicht der Fall sein muss.
Vor: Ich bin gerne für „bekloppte“ Sportprojekte zu haben. Diesen Sommer zum Beispiel bin ich mit zwei Freunden von Herborn bis nach Amsterdam innerhalb von 16 Stunden mit dem Rad gefahren. Eigentlich nur, um eine gute Freundin zu besuchen. Ich begeistere mich für solche Dinge, da sie nicht dem Standard entsprechen und neben der physischen und psychischen Herausforderung in erster Linie der Spaß und das Abenteuer im Vordergrund steht. Wir starten diese Aktion in erster Linie, weil uns die Leidenschaft für das Laufen verbindet. Wir sind Läufer, weil wir gerne laufen! So einfach ist das. Außerdem wollen wir durch die Aktion Werbung für den Laufsport machen. Ultraläufe werden nicht nur in irgendwelchen Alpenregionen oder im Westen der USA durchgeführt, sondern auch in unserem wunderbaren Lahn-Dill-Bergland. Uns ist es wichtig, die Leidenschaft, die wir für das Laufen haben, den Menschen in unserer Region näher zu bringen. Häufig findet man eine ziemlich verbissene Herangehensweise, was das Laufen im Vereinssport angeht. Der Konkurrenzdruck ist an vielen Stellen sehr hoch. Das Gegeneinander hat dabei häufig Vorrang. Dabei sollte das Laufen doch in erster Linie Spaß machen und im besten Fall Menschen zusammenbringen.

Wie trainieren Sie für diesen Dilltallauf?
Vor: Wir haben bereits viele Jahre Lauferfahrung. Sicherlich gehört das Trainieren von langen Distanzen zu den Kernelementen einer Ultralaufvorbereitung, jedoch trainiert man nie eine
Gesamtstrecke von 60 Kilometern. So liegt unser Wochenumfang zwischen 30 und 60 Kilometern. Im Internet sieht man häufig, dass es möglich sei, einen Marathon (42,195 km) ohne Vorbereitung zu laufen. Die Form für eine Langdistanz baut man sich jedoch über Jahre auf. Laufen sollte nicht in erster Linie Quälerei sein. Das setzt natürlich voraus, dass man Spaß am Laufen hat, was wiederum durch eine solide Fitness begünstigt wird.
Maage: Auch wenn ich bereits in Kapstadt 2018 meine erste Ultralauferfahrung sammeln konnte, so bleibt das Laufen über so eine lange Distanz immer noch zu einem bestimmten Teil unkalkulierbar.
Vor allem gegen Ende des Laufs können unerwartete Dinge passieren: Halten meine Beine/Füße durch? Was macht meine Muskulatur? Macht der Magen mit? Eine nicht unterschätzende Komponente ist außerdem der Kopf. Ab einer bestimmten Distanz kommen zwangsläufig die Schmerzen. Der Körper rebelliert, gibt das Signal, stehen bleiben zu wollen,
aufzugeben. An dieser Stelle sind die Eigenmotivation und die Willensstärke von enormer Bedeutung. Viele behaupten, man gewinne letztlich solche Überdistanzen in erster Linie im Kopf.
Vor: Genau hier ist es dann natürlich super, wenn wir das Ding nicht alleine laufen müssen, sondern uns als Laufpartner gegenseitig bestärken können, wenn es hart wird. Bei unserem Lauf geht es auch nicht darum, anderen etwas beweisen zu müssen oder sogar uns gegenseitig als Konkurrenten zu betrachten. Unser Ziel ist es, gemeinsam in Wetzlar anzukommen und uns bei Bedarf zu pushen und zu unterstützen.

Was können interessierte Bürger in Coronazeiten am 5. Dezember entlang der Strecke tun, um Sie direkt zu unterstützen?
Maage: Der Start ist für 10 Uhr an der Dillquelle angesetzt. Unsere angesetzte Laufgeschwindigkeit ist bei 10 km/h eingeplant. Das würde folgende Zwischenzeiten ergeben: 11 Uhr 10 km Fellerdilln – 12 Uhr 20 km Dillenburg Tierheim – 13 Uhr 30 km Herborn Marktplatz – 14 Uhr 40 km Katzenfurt – 15 Uhr 50 km Aßlar Sportplatz – 16 Uhr 60 km Ziel Hospiz Wetzlar. Natürlich kann es dazu kommen, dass wir unser Pacing nach einer bestimmten Strecke drosseln würden.
Vor: Wir werden regelmäßig auf unserer Instagramseite über den Verlauf mit Bildern und Videos informieren. Dabei kann man jederzeit erfahren, wo wir gerade sind und in welcher Verfassung wir uns befinden. Wir würden uns natürlich freuen, wenn uns, unter Berücksichtigung der aktuellen Coronaauflagen, Anwohner und Interessierte am Streckenrand anfeuern würden und somit Teil dieser Unternehmung werden würden. Gerne kann man uns am Streckenrand fotografieren und auf unserer Instagramseite das entsprechende Bild hochladen. Das würde das Event natürlich aufwerten, wenn Menschen sich aktiv beteiligen.

Gibt es eine Begleitung auf den 60 Kilometern?
Vor: Es wird uns ein Versorgungsfahrrad, natürlich mit entsprechendem Abstand, begleiten. Damit ist eine angemessene Verpflegung während des Laufs gewährleistet. Vor allem die Flüssigkeit kann über eine so lange Strecke nicht komplett von uns getragen werden. Jemanden dabei zu haben, der uns da aushilft, ist eine tolle Sache.

Sind Sie diesen Weg schon einmal komplett gelaufen?
Maage: Nein. Wir kennen beide das Dilltal jedoch recht gut. Vor allem mit dem Fahrrad haben wir alle Streckenabschnitte schon häufig befahren. Gelaufen sind wir diese Strecke noch nie am Stück. Das ist ja gerade der Reiz, dass man sich durch das Projekt in unbekannte Regionen des eigenen Könnens manövriert und auf der persönlichen „Bucket-List“ einen weiteren Strich machen kann.

Würden Sie weitere Läufer mitnehmen, die sich die 60 Kilometer ebenfalls zutrauen?
Maage: Dies gestaltet sich natürlich aufgrund der aktuellen Coronasituation als Herausforderung. Schon im Vorfeld haben sich interessierte Läufer, Freunde und Bekannte bei uns gemeldet, um sich dem Projekt aktiv anzuschließen. Es ist äußerst hilfreich, bei so einer langen Distanz mithilfe sogenannter Pacemaker direkt begleitet und motiviert zu werden. Wir müssen an dieser Stelle natürlich klarmachen, dass wir keine offizielle Laufveranstaltung sind und zum Beispiel für keine medizinische Betreuung sorgen können. Dennoch wollen wir interessierten Läufern die Möglichkeit geben, uns unter Berücksichtigung der Abstandsregeln begleiten zu können. Sollte es weitere Läufer geben, die sich vorstellen könnten, die gesamte Strecke mitzulaufen, so sind diese natürlich herzlich eingeladen, uns (natürlich mit dem benötigten Abstand) zu begleiten. Eine Kommunikation kann hier über unsere Instagramseite oder unserer E-Mail-Adresse stattfinden.
Das Interview führte
Christoph Weber.