Dem Sterben Leben geben: Das Hospiz Mittelhessen offenbart in Zahlen einen Blick auf die vielfältige Arbeit der Einrichtung
Von Manuela Jung
In den vergangenen 15 Jahren – seit seiner Eröffnung – hat das Wetzlarer Hospiz einiges erlebt. Doch wie viele Menschen waren daran beteiligt? Wie viele Gäste und deren „Zugehörige“ haben profitiert? Wie viele Spenden sind nötig, um die Arbeit am Laufen zu halten? Und wer trägt die Kosten? Ein Blick auf viele Zahlen rund um das Haus Emmaus gibt Aufschluss.
Im Jahr 2002
haben sich an einem Hospiz interessierte Menschen der Region zusammengefunden und beschlossen, ein stationäres Hospiz für Mittelhessen zu gründen. Zwei Jahre später, am 1. April 2004, wurde das Haus Emmaus eröffnet. Als Träger hatten sich mit der Stiftung „Alte Menschen in Not“, dem Stephanuswerk Wetzlar, den Hospizdiensten Lahn-Dill, dem Caritasverband Wetzlar/Lahn-Dill-Eder, dem Hospizverein Gießen und dem Universitätsklinikum Marburg/Gießen sechs Gesellschafter zusammengefunden. In den vergangenen Jahren sind die Lahn-Dill-Kliniken hinzugekommen.
100 000 Euro Spenden
benötigt das Hospiz jedes Jahr für den täglichen Betrieb. Die Krankenkassen übernehmen nur 95 Prozent der Kosten. Weitere 80 000 Euro Spendengelder steckt das Haus Emmaus in die Finanzierung von „Charly & Lotte“.
10 000 Kilometer
haben Hospizleiterin Monika Stumpf und Pflegedienstleiterin Stephanie Wagner nach eigenen Angaben im ersten Jahr seit der Gründung zurückgelegt, um das Haus Emmaus im Lahn-Dill-Kreis und über die Region hinaus bekanntzumachen. „Wir haben uns und unsere Arbeit vorgestellt und interessierte Menschen eingeladen, uns zu besuchen“, sagt Wagner. Denn längst hatte die Hospizarbeit noch nicht den guten Ruf, den sie verdient hätte: „Die Belegung im ersten Jahr lag bei 62 Prozent. Es hat eine Weile gedauert, bis sich die Menschen hierher getraut haben“, erinnert sich Monika Stumpf an die Anfänge der Einrichtung.
72 Jahre
ist das Durchschnittsalter aller bereits im Hospiz Verstorbenen. Der jüngste Gast war 18 Jahre alt, der älteste 99 Jahre. Für sie alle findet am 30. November die bereits 30. Gedenkfeier statt. Hier werden alle Angehörigen eingeladen, die im vergangenen halben Jahr ein Familienmitglied im Haus Emmaus verloren haben.
1800 Gäste
hat das Haus Emmaus seit 2004 aufgenommen und palliativ betreut. Waren es im ersten Jahr nur 47 Schwerstkranke, so waren es 2019 allein von Januar bis September bereits 106 Menschen, die im Hospiz verstorben sind. Im Durchschnitt sind es pro Jahr zwischen 120 und 130 Gäste, die die Einrichtung an ihrem Lebensende begleiten darf. Doch die Zahl der Anfragen liegt weit höher:
„Rund 4000 Menschen hätten wir in den vergangenen 15 Jahren für ihren letzten Lebensabschnitt unterbringen können“, weiß Monika Stumpf. Der Erweiterungsbau wird zu den bestehenden acht Betten zwei zusätzliche Räume für den stationären Aufenthalt schaffen, um auf die hohe Nachfrage zu reagieren. Vier Tageshospizplätze werden neu hinzukommen.
Bis zu 450 Personen
werden jedes Jahr an der Hospiz- und Palliativakademie in unmittelbarer Nachbarschaft an das Haus Emmaus zu den verschiedensten Themen rund um die Sterbebegleitung und Pflege geschult.
Eine Hochzeit, eine Goldene Hochzeit, zwei Taufen und viele Geburtstage wurden in den vergangenen 15 Jahren im Haus Emmaus gefeiert. Derartige Anlässe zeigen, wie sehr das Hospiz einen Platz mitten im Leben verdient. Monika Stumpf ist überzeugt: „Wir versuchen alles möglich zu machen, was sich unsere Gäste wünschen.
17 Tage
verbringen die Gäste zurzeit durchschnittlich bis zu ihrem Tod im Hospiz. Zum Vergleich: Im Jahr der Gründung lag die Verweildauer noch bei 30 Tagen. Woran das liegen könnte, weiß Pflegedienstleiterin Wagner: „Die Patienten kommen heute oft zu spät. Es gibt weniger Menschen, die über einen längeren Zeitraum bleiben, obwohl das eigentlich die Regel sein sollte.“
Von einem Tag bis hin zu einem Jahr war für die Mitarbeitenden bereits alles dabei. Und eine frohe Botschaft gibt es auch: Immerhin vier bis sechs Menschen pro Jahr erholen sich im Haus Emmaus
so gut, dass sie sogar wieder entlassen werden können.
39 Mitarbeitende
sind 2019 in Voll- und Teilzeit bei der gemeinnützigen Hospiz Mittelhessen GmbH angestellt und damit nahezu dreimal so viele wie im Anfangsjahr. Sie arbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen von der Hauswirtschaft über die Verwaltung bis hin zur Pflege. 75 Prozent der Pflegekräfte sind seit 2004 mit Hand und Herz dabei. Hinzu kommen 31 Ehrenamtliche, die sich für das Wohlergehen der Gäste starkmachen. Zudem wird das Hospizprojekt „Charly und Lotte“ von zwei hauptamtlichen und elf freiwilligen Trauerbegleiterinnen
Wetzlarer Neue Zeitung, 30. Oktober 2019, Seite 14